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Ines Bruckschen
12-10-2020 13:37

Über Feedback-Kultur die Selbstverantwortung stärken

Mitarbeiter sollen zunehmend Verantwortung für sich und ihre Projekte übernehmen. Der Prozess kommt jedoch in vielen Unternehmen nur zögerlich in Gang. Dabei würde die richtige Feedback-Kultur entscheidend helfen – und gleichzeitig ein starkes Personalentwicklungsinstrument liefern. In meinem Beitrag für Personalleiter.today gebe ich Impulse für eine neue Feedback-Kultur, hier ein kleiner Vorgeschmack.

„Toll, wie Sie die jungen Kollegen unterstützen. Ich würde mir allerdings etwas mehr Ideen und Initiative im Personalmarketing von Ihnen wünschen. Aber wie gesagt, sehr kollegiale Haltung, Chapeau.“ Kennen Sie das? Sie bekommen ein nach der Sandwich-Methode korrektes Feedback – erst Lob, dann Kritik als Ich-Botschaft, am Ende wieder Lob – und fühlen sich irgendwie … kritisiert? Und ratlos, was Sie damit jetzt anfangen sollen.

 Damit sind Sie nicht allein, viele zucken bei der Ankündigung „gleich gibt’s Feedback“ innerlich zusammen und wappnen sich fürs Schlimmste. Eine Studie des Personaldienstleisters Randstad[1] hat ergeben, dass sich 21% der Befragten unwohl fühlen, wenn sie Feedback vom Chef bekommen, 24% negative Bewertungen persönlich nehmen und 30% nicht wissen, wie sie auf Feedback reagieren sollen. Wahrscheinlich, weil sie längst wissen, was ihnen da untergejubelt werden soll: Auf ein Kompliment folgt die Klatsche.

 Es gibt aber auch das Gegenteil, also Mitarbeiter, die Feedback ganz prima finden, weil sie die Kritik in der Mitte gar nicht wahrnehmen und nur das Lob außen herum hören. Sie denken: Läuft doch bei mir! So oder so findet keine gute Auseinandersetzung mit den Arbeitsinhalten statt, die Chance zur Weiterentwicklung ist vertan.

 Was also dann? Ein paar aufschlussreiche Erkenntnisse liefert der neuseeländische Bildungsforscher John Hattie, der vor einiger Zeit über 800 Metaanalysen zu Einflussfaktoren auf den kognitiven Lernerfolg von Schülern untersucht hat. Heute werden seine Ergebnisse immer häufiger auch aufs Berufsleben übertragen. Was von der Hattie Studie[2] im Zusammenhang mit dem Thema Feedback besonders spannend ist:

 Lob kann Motivation senken

 Wer wenig Selbstbewusstsein mitbringt, legt nach einem gut gemeinten überschwänglichen Lob oft ein Vermeidungsverhalten an den Tag und wählt als nächstes weniger anspruchsvolle Herausforderungen. Vermutlich, weil er fürchtet, die vorangegangene Leistung nicht wiederholen zu können, da zehrt er doch lieber noch eine Weile vom unerwarteten Erfolg. Auch ein Lob für Selbstverständlichkeiten kann irritieren. Vor allem, wenn andere für das Gleiche nicht gelobt werden. Traut man denen womöglich mehr zu?

 Menschen mit einem guten Selbstwertgefühl empfinden dagegen ein pauschales Lob eher wie ein verbales Kopf-Tätscheln, das niemand braucht. Sollen wir also besser aufs Loben und Bestärken beim Feedback-Geben verzichten? Das ist auch keine Lösung, denn positive Rückmeldungen sind nach wie vor essentiell und werden von Mitarbeitern auch erwartet. Nur braucht es einen passenden Bezugsrahmen dazu. Oder, wie es in der Hattie-Studie heißt:

Lob motiviert vor allem dann, wenn Leistungen verbessert wurden

Es geht also um das Erfassen und Würdigen des Geleisteten in einer Form, die zur Persönlichkeit des Feedback-Empfängers passt, ihm Raum für weitere Entwicklung lässt und ihn motiviert, die Verantwortung für die Entwicklung zu übernehmen.

Auf Personalleiter.today finden Sie das leicht angepasste Fünf-Stufen-Modell von Hattie, das sich wunderbar für Feedback-Gespräche im Arbeitsalltag eignet.

[1] Randstad Arbeitsbarometer Q1 2019

[2] John Hattie: “Visible Learning. A Synthesis of Over 800 Meta-Analyses Rela­ting to Achievement”, London 2009 und 2013

Foto: Headway on Unsplash

 

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